Ich kann nicht malen. Wirklich nicht, und ich bin nicht
eine von denen, die das einfach nur so sagen. Gut gemeinte Vertröstungssätze
wie „jeder kann malen, du musst dich nur trauen“ regen mich sogar zuweilen
ziemlich auf, da ich es trotz vielfacher Versuche und größtmöglicher emotionaler Anteilnahme
noch nie geschafft habe, irgendetwas zu Papier oder auf Leinwand zu bringen,
was auch nur im Entferntesten mit den Bildern zu tun hat, die in meinem Innern
lebendig sind. Um es kurz zu machen: maltechnisch bin ich eine Niete, was mir umso
mehr leid tut, als ich es wunderbar fände, etwas ausdrücken zu können, was
sprachlich möglicherweise nicht oder nur sehr schwer zu fassen ist. Wie oft
habe ich schon in verschiedenen Geschäften für Künstlerbedarf ein wenig traurig
vor der riesigen Farbauswahl gestanden und mir gedacht „Ach, könntest du nur…“.
Umso mehr hörte ich hin, als unser in Bildenden Künsten
ebenso talentfreier Geschäftsführer vor einigen Jahren einen Ikonenmalkurs
besuchte und ganz begeistert zurückkehrte mit den Worten: „Das könnten Sie
auch!“. Als ich dann das Ergebnis seiner Arbeit sah, da war mein Interesse
endgültig geweckt, ohne dass ich zunächst damit rechnete, in absehbarer Zeit
einen solchen Kurs besuchen zu können. Dementsprechend riesig war meine Freude,
als ich nach meiner Ewigen Profess im März einen himmelblauen Briefumschlag in
den Händen hielt, in dem sich ein Gutschein für die Teilnahme am Ikonenmalkurs
mit Herrn Abraham Karl Selig (der perfekte Name für einen Theologen und Ikonenmaler) inkl. Material-Erstaustattung befand.
So durfte ich nun in der vergangenen Woche ein paar Tage
abtauchen und mich intensiv unter fachmännischer Anleitung der Kunst des
Ikonenmalens widmen. Was soll ich sagen? Es war großartig, genau mein Ding.
Irgendwie kamen mir die sechs Kurstage vor wie der Pilgerweg unseres Lebens. Es
brauchte viel Disziplin, Zeiten äußerster Konzentration, die abwechselten mit
Zeiten des Herumklönens, es gab Zeiten der Ruhe, Zeiten, in denen die ständige
Wiederholung des immer gleichen Arbeitsschrittes fast mürbe machte, und Zeiten,
in denen mein Herz zu rasen begann, weil es darum ging, mit sehr ruhiger Hand
hauchdünne geschwungene Linien zu zeichnen. Zeiten, in denen ich deutlich
erkennbare Fortschritte zu machen glaubte, und gefühlt unendlich lange Zeiten,
in denen es darum ging, gemachte Fehler wieder auszubügeln. Nicht zu vergessen
auch die Zeiten, in denen ich einfach ganz stur das befolgen musste, was der
Meister uns sagte, ohne zunächst irgendeine Veränderung zu sehen. Und dann gab
es natürlich auch die Zeiten, in denen große Fragen wie „Was soll das Ganze
eigentlich?“ auftauchten… So zum Beispiel, als ich mich am letzten Tag einer intensiven
Arbeitswoche und der gelungenen Gestaltung des Gewandes fast am Ziel wähnte und
beinahe die Nerven verlor, als ich erkennen musste, dass mir mit dem Ausmalen des
Gesichtes die anspruchsvollste Wegstrecke noch bevor stand.
Dieses Gefühl, am Ende des Kurses meine fertige Marienikone in
den Händen zu halten und diese sogar selbst als schön bezeichnen zu können,
war schlicht und einfach erhebend. Und ich muss selbst darüber lachen, wie
schwer es mir fällt, zu glauben, dass ich das wirklich zustande gebracht habe! Auch das wieder ein
starkes Bild: Ist es verwegen, darauf zu hoffen, dass es uns genau
so nach der Vollendung unseres irdischen Lebens gehen wird? Dass uns dann
einmal der Blick auf das Ganze geschenkt wird, welches unendlich viel schöner
ist als die Summe seiner Teile?
Am Ende dieser intensiven, eindrucksreichen Tage fühle
ich mich nun wie am Ende einer langen Reise, wo Vieles von dem Erlebten noch nachklingen darf. Und allen, die vielleicht wie ich schon lange Zeit mit dem Gedanken spielen, einen solchen Ikonenmalkurs zu besuchen, kann ich nur wärmstens empfehlen, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen - es lohnt sich in jeder Hinsicht!
Sr. M. Ursula
Sr. M. Ursula
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