Auslegung zum Evangelium Mt 11, 2-11
Mit diesen Worten
betet Marie Noel, die lebenslang um die Gegenwart GOTTES gerungen hat.
Ernüchternde Worte. Ehrlich. Ungeschützt. Da fehlt Liebe, meint sie, da fehlt
Glauben, und doch bleibt sie im Gespräch. Dieses Gebet bringt uns in die Nähe
des Fragens, das Johannes ins sich erlebt. Gefangen genommen, schickt er seine
Jünger zu Jesus: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen
anderen warten?“
Marie Noel und auch Johannes verstummen nicht in der Bedrängnis, im
Gegenteil: fragend, stammelnd, zerbrechlich in ihrem Zustand bauen sie Brücken
ins Licht. Hoffen wider alle Hoffnung?
Es ist nicht leicht zu vertrauen, wenn der Boden unter den
Füßen wegzogen wird, wenn das Liebste uns stirbt, wenn vor Schmerz und Trauer
jeder Atemzug wehtut. Da bleibt eher ein Aufschrei ins Niemandsland, Aufbegehren,
Verstummen. Johannes gelingt es, an der Grenze des Verstehens nach DEM zu fragen,
der sein Leben geworden ist. Dieser Johannes, der sich ganz zurücknehmen
konnte, der seinen Platz freigab für jenen, der größer ist als er, dieser
Johannes steht für so viele unter uns an jener Schwelle, an der wir aus
Erfahrungen, die uns Sicherheit gaben, aus dem Glauben, der uns getragen hat,
herausgedrängt zu werden drohen. In existentiellen Nöten noch glauben zu können,
dass unser GOTT ein GOTT des Lebens ist, und dass er die Fülle des Lebens für uns
will und die vollkommene Freude, ist Gnade.
Während der Auseinandersetzung mit dem heutigen Evangelium, bin
ich unter meinen bolivianischen Mitschwestern
in Comarapa / Santa Cruz, und ich bekomme einen kleinen Einblick in das Leben
dort. Da begegnen mir Menschen, die eine Armut leben, die die nicht auszudenken
ist, wenn sie nicht mit eigenen Augen gesehen und miterlebt wird. In diesen
Tagen tragen sie nun während einer Novene Abend für Abend eine Marienstatue
durch das Dorf, vertrauend auf ihre Hilfe, vertrauend, mehr in das Leben dieser
starken jungen Frau und Mutter hineinzufinden. Könnte nicht gerade diese Volk ununterbrochen
fragen: Herr, bist Du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen
warten?“
Welche Nüchternheit des Glaubens, mit leeren Händen, gar mit
gebundenen Händen wie Johannes offen zu bleiben für die Spuren des Lebens.
Papst Franziskus lehrt uns in seinem ersten Apostolischen Schreiben „Evangelii
Gaudium“: Ich verstehe die Menschen, die
wegen der schweren Nöte, unter denen sie zu leiden haben, zur Traurigkeit
neigen, doch nach und nach muss man zulassen, dass die Glaubensfreude zu
erwachen beginnt, wie eine geheime, aber feste Zuversicht, auch mitten in den
schlimmsten Ängsten.“
Dann nicht verschlossen bleiben, sondern die starken Zeichen
der Erlösung entdecken: Blinde sehen wieder und Lahme gehen, Aussätzige werden
rein und Taube hören.
Diese Gottesspuren können uns helfen in der nun beginnende
Synode im Bistum Trier. Etwas verwegen möchte ich sagen dürfen: trotz aller Unkenrufe, aller
Zweifel und Enttäuschungen setzen sich in den kommenden zwei Jahren Menschen
für uns alle im Bistum mit Bischof Stefan zusammen und halten Herz und Sinn
offen für das Wort GOTTES, für seine Führung, für einen neuen Aufbruch. Wir
alle sind Herausgerufene, um wie Johannes einen Schritt zurückzutreten, um uns
diesem GOTT und seinem Geheimnis zu überlassen, um Wege zu bahnen für das
Leben, das wir hoffnungsvoll erwarten. Nicht in feinen Kleidern, in abgehobener
Sprache und trennenden Gebärden, nicht in Gottesdiensten, die niemand mehr
erreicht, mit Visionen, die keinen Kontakt mehr haben zum Jetzt unserer Welt
und Zeit. Doch mit lichtvollem Ausblick und mit tragendem Vertrauen, dass
Christus im Kommen ist und uns sein Leben bringt in überwältigender Schönheit,
Frische und auch neu und zart wie das Leben eines Kindes. Zartheit bedeutet
Verletzlichkeit, darum bedarf es einer Behutsamkeit und eines wachen Hörens,
das uns der Advent lehren will.
Die Synode möge in uns jene Kräfte wecken und wach halten,
die helfen, aus all dem herauszufinden, was in unserer Mitte blind, taub und
gelähmt ist, was ermüdet und erschöpft, entstellt, gar tot ist.
Lassen wir Marie Noel nochmals sprechen:
Finsternis. Alles ist
verschlossen, die Straßen, die Türen. Kein Fuß zum Gehen, kein Schlüssel zum Öffnen …
Plötzlich zerbricht das Licht die Türen, die Fessel der Angst zerreißt, die Füße befreien sich, der Wind haucht uns Gott ins Antlitz, die Liebe erhebt die Erde, die Freude kehrt alles um.
Plötzlich zerbricht das Licht die Türen, die Fessel der Angst zerreißt, die Füße befreien sich, der Wind haucht uns Gott ins Antlitz, die Liebe erhebt die Erde, die Freude kehrt alles um.
Sr. M. Scholastika
Liebe Schwester Scholastika,
AntwortenLöschenwelch wunderbare Worte haben Sie, wie schon oft, gefunden. Ich danke Ihnen!
Wenn Vertrauen mißbraucht wurde und man viele schlechte Erfahrungen gemacht hat, dann ist es eine Gnade, wenn man auf Gott hoffen kann. Er ist es letztendlich, der niemals unser Vertrauen enttäuschen wird, mit Gott macht man nur gute Erfahrungen. Man muss es selbst einfach ausprobieren und Geduld haben, dann stellt sich irgendwann unendliche Freude ein.
AntwortenLöschen"Die Freude kehrt alles um", das muss man einfach selbst erleben und spüren. Erst finstere Nacht, dann auf einmal Freude. Nein, ich muss sagen, "unendliche" Freude. Hat man tiefste Nacht durchwandert und kommt wieder ans Licht, dann ist die Freude unermesslich groß, größer, wie man sich es hätte jemals vorstellen können. Es ist keine Freude, wie etwa über ein Geburtstagsgeschenk, sondern eine tiefe Freude, die einen existentiell berührt und niemals mehr loslassen wird. Solch eine Freude zerreißt die Fesseln der Angst, man fühlt sich leicht und tief verbunden mit dem Grund alles Seins, fühlt sich eingeborgen in das Geheimnis Gottes.
AntwortenLöschenIch wünsche allen Arenberger Schwestern und allen Mitarbeitern in Kloster Arenberg schon jetzt ein Frohes und Gesegnetes Weihnachtsfest. Danke für die wunderbaren Beiträge im Internet