Dienstag, 4. Dezember 2012

denn eure Erlösung ist nahe...


Es ist soweit: wir treten erneut ein in die heilige Zeit, die uns bereitet für das überwältigende Wunder der Hl. Nacht: GOTT wird Mensch, Er wird Kind  -  schutzlos, verletzlich, unvorstellbar arm.
Es ist Jahr für Jahr die scheinbar gleichbleibende Botschaft, und doch hören wir sie vielleicht heute anders, weil wir einen Weg gegangen sind, durch Frohes und Schmerzliches hindurch.
Ein Jahr verändert uns. 
Wir brauchen diesen Anfang des Kirchenjahres, diesen Neubeginn, den GOTT in Seiner Menschwerdung setzt, weil wir mit diesem göttlichen Geheimnis nie an ein Ende kommen, weil Er uns durch seine Geburt einen Weg eröffnet, Ihn selbst und Sein Wesen tiefer und inniger kennen zu lernen. Wir dürfen Ihm nahe kommen mit unserer eigenen Schutzlosigkeit, mit unserer eigenen Verletzlichkeit und Armut. „Selig, die arm sind vor GOTT, denn ihnen gehört das Himmelreich“, wird uns später Jesus in der Bergpredigt zusagen. 

„Die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden…“, hörten wir am ersten Adventssonntag aus dem Munde Jesu. Bestürzende Worte, wo doch Kerzenlicht und Tannengrün uns einstimmen wollen auf das Kommen des Herrn. 
„Die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden…“. Nur die Kräfte des Himmels? 
Erschüttert dieses Kind, auf das wir warten, nicht auch unsere Herzen? Unseren Verstand?
GOTT im Kind? Dieser GOTT  - so armselig, klein und zart – soll der Große sein, der über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und dessen Herrschaft kein Ende haben wird? (Lk 1,32) So wurde Maria das Umwerfende bei der Verkündigung durch den Engel Gabriel offenbart. Dieses Kind wird sie empfangen, diesen Sohn gebären … 

„Die Menschen erwarteten Katastrophen und fallende Sterne, 
doch stattdessen wurde auf der Erde ein Kind geboren, so hilflos, wie alle Kinder der Welt. 
Man hat einen Himmelsfürsten erwartet, der Feinde niederschmettert, 
doch es kam ein Zimmermann aus Nazareth, der „alle Mühseligen und Beladenen“ zu sich rief. Man erwartete einen mächtigen Messias und eine furchteinflößende Erscheinung GOTTES, 
doch die Erde sah DEN“, der um unseres Lebens willen gehorsam war bis zum Tod am Kreuz und so in seiner Person Himmel und Erde versöhnte.
(Alexander Men)
Dieses Gewaltlose und Befriedete wird siegen, wird diese Welt heimholen zum Vater. 

Wir wissen von der Grausamkeit des Herodes. Doch selbst diese Gefahr ließ GOTT nicht abhalten, Seinen Sohn als Kind in die Hände von Menschen zu legen. Auch heute hören wir von Diktaturen, von Despoten, die Menschen unterdrücken und quälen, von sinnlosen Kriegen, die eine einzige Ausgeburt von Macht, Gier und Willkür bleiben. 
Und wir kennen auch die Abgründe unseres eigenen Herzens und dürfen vertrauen, dass Christus in diese zutiefst erschütterte Welt und in die kleine Welt unseres eigenen Inneren geboren werden will. Nicht irgendwo auf dieser Erde, sondern hier in unserer Mitte. 

In unseren Häusern werden wir mit viel Aufwand das Fest der Weihnacht vorbereiten: vom Backen bis zum Putzen, vom Schmücken von Räumen und Zellen bis zum Gestalten der Krippe; die Priorin ist bemüht, kleine und größere Wünsche zu erfüllen. All dies kann uns helfen, bereit zu werden für das größte Geschenk, das uns an Weihnachten gemacht wird. All dies kann in uns die Freude wachrufen, mit großer Aufmerksamkeit so zu leben, dass das Gute und Zarte, dass das göttliche Leben durch unsere Begegnungen und durch unsere Worte wachsen kann. 
Ida Friederike Görres versucht in Worten einzufangen, was in uns geschehen darf, wenn wir uns IHM öffnen. Sie schreibt: 
„Er ist eingegangen ins Sichtbare, ins Endliche und Stoffliche, ins Beschränkte und Unzulängliche. Dass Er dabei ist, erfüllt den Kram mit unnennbarem Leuchten. Wo wir IHM geöffnet sind, da spüren wir auf unsagbare Weise seine Hand über der unseren. Wir leisten und vollbringen, was »wir eigentlich« nicht leisten können, wir wissen im richtigen Augenblick, was wir vorher und nachher vergessen; - wir werden ja nicht reicher oder klüger, aber es wird uns zu jeder Stunde in die Hand gedrückt und auf die Zunge gelegt, was nottut.“ 

Und auch Romano Guardini hat in einer Schrift verborgene Schritte des Herzens aufgezeigt, 
die GOTT Tor und Tür zu öffnen vermögen für sein Kommen:
"Die einfachen Dinge sind die größten - und darum auch am schwersten zu bewältigen! 
Was sind die einfachen Dinge? Leben, ohne zu zweifeln. 
Lieben, immer wieder lieben, auch wenn diese Liebe nicht erwidert wird. 
Anfangen, stets von neuem anfangen, 
auch im Alter sich nicht schämen, abermals zu beginnen. 
Beten. Beten ist so einfach, meinen wir in jungen Jahren. 
Beten fällt uns mit den Jahren manchmal sehr schwer. Beten lernen ist eine Lebensaufgabe. 
Die Dinge sehen wie sie sind: ohne Vorurteile, ohne Spott, ohne Hass. 
Sie sehen, wie sie sind, heißt doch unter anderem auch, sie annehmen, sie lieben lernen.“ 

Lieben ist ein verbrauchtes Wort, aber was wären wir ohne sie.
„Sie besteht ja nicht im Gefühl, sondern im Liebenwollen.“ Es ist der Wille zum Lieben, der Wille zur Versöhnung, der Wille, im anderen das Gute zu sehen, nicht zu verurteilen, nicht zu richten.

Die vier Wochen des Advents können für uns ein Pilgerweg werden: jede von uns geht ihn im Herzen, jede von uns geht ihn auch in der Gemeinschaft ihres Konventes. Wir brechen auf, um dem göttlichen Kind entgegen zu gehen, um es zu empfangen. Dieses Kind allein vermag unser Leben heiler, freier und befriedeter zu machen. Bestimmt auch unvorstellbar glücklicher. In IHM erlöst. Singen wird doch jeden Morgen im Benedictus: „Gepriesen sei der Herr, der GOTT Israels. Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen!“ (Lk 1,68). Das ist unser Glaube. Darin dürfen wir uns festmachen, daran festhalten.

Christus kommt als Kind, Er kommt, uns zu suchen.
Das ist das Wunder: Er sucht uns, wie es in einem Gedicht von Andreas Knapp heißt:

Ist unser Suchen nach Gott 
vielleicht die Weise, wie Er uns auf der Spur bleibt, 
und unser Hunger nach IHM das Mittel, 
mit dem Er unser Leben nährt.

Ist unser irrendes Pilgern 
das Zelt, in dem Gott zu Gast ist 
und unser Warten auf IHN 
sein geduldiges Anklopfen 
Ist unsere Sehnsucht nach Gott 
die Flamme seiner Gegenwart 
und unser Zweifel der Raum,
in dem Gott an uns glaubt.

Er sucht uns, GOTT „Er, der das All zusammenhält“, legt sich in unsere leeren Hände. Er verschenkt sich ganz, damit wir Sein alles erfüllendes Leben empfangen, jenes Leben, wonach unser Herz im Letzten hungert und dürstet. So wie die Weisen aus dem Morgenland sich damals auf einen langen, bestimmt mühsamen Weg eingelassen haben, um den König aller Könige zu finden, dürfen auch wir erneut aufbrechen, um Ihn zu suchen, den Friedensfürst, den Heiland der Welt. 

Lassen wir uns von IHM in den kommenden Wochen finden, und beten wir füreinander, dass er uns suchen, dass er uns aufsuchen darf und dass wir als Gemeinschaft Bethlehem werden für Christus.

Mit Ihnen auf dem Weg zum Stall, in dem ER zu finden ist. Seine Zeichen, sein Stern werden uns die Spur zeigen,
Sr. M. Scholastika

4 Kommentare:

  1. Möge das Zarte und Anfanghafte, das Gott in uns hineingelegt hat, wachsen und möge unsere Sehnsucht dem Herrn entgegeneilen.
    Eine besinnliche Adventszeit wünsche ich allen Schwestern, Mitarbeitern und Gästen in Kloster Arenberg

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  2. Wunderschön stimmt auf die Zeit ein.

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