Freitag, 15. Juni 2012

ausgegossen in unsere Herzen


Es ist inzwischen fast 20 Jahre her, dass wir in der Schule mit unserem guten alten Griechisch-Lehrer die schaurig-schönen Geschichten über die Götter gelesen haben, die auf dem Olymp ein wildes Leben führen und die Menschen immer wieder mit fiesen Überraschungen aller Art heimsuchen. Eine der Geschichten, die mir bis heute noch das Blut in den Adern gefrieren lässt, hat sogar eine sprichwörtliche Karriere gemacht: die Büchse der Pandora. Zeus ist stinke sauer, weil Prometheus den Menschen Feuer zur Verfügung gestellt hat; er sinnt auf Rache und lässt seinen Sohn Hephaistos die wunderhübsche Jungfrau Pandora zusammenbasteln. Er beschenkt sie mit Gaben aller Art - und nicht zu vergessen einem Tongefäß, in dem das ganze Unheil der Welt eingeschlossen ist - Krankheit, Leiden, plötzlicher Tod, alle möglichen Untugenden und eben alles, was das Leben der Menschen so unerträglich schwer machen kann. So ausgestattet schickt er sie in die Welt, jedoch nicht ohne ihr nochmal zu "raten", dass diese Büchse besser zu bleiben sollte. Natürlich kommt es wie es kommen muss - die Neugier siegt, Pandora macht das Ding auf und alles denkbare Übel ergießt sich über die Menschheit. Doppelt tragisch: bevor das einzige Gut, nämlich die Hoffnung, der Büchse entweichen kann, macht Madame (wohl ziemlich entsetzt über das, was da ans Tageslicht gekommen war) den Deckel wieder drauf und hinterlässt so die Welt und die Menschheit als trost- und hoffnungslose Einöde.

Als ich mir gestern Abend Gedanken zum heutigen Hochfest Herz Jesu machte, da kam mir plötzlich dieses Bild aus der griechischen Mythologie in den Sinn. Denn auch heute richten wir unseren Blick auf ein "geöffnetes Gefäß", nämlich das Gefäß des Leibes Christi. In der Hl. Messe hörten wir die Stelle aus dem Johannes-Evangelium, in der berichtet wird, wie die Soldaten dem gekreuzigten Jesus grausam mit einer Lanze die Seite aufstoßen, so dass Blut und Wasser aus ihm herausfließen. Erschreckendes Bild einer Liebe, die bis zum Äußersten geht, die selbst äußerste Demütigung, Hohn und Spott erträgt, die auch dort nicht halt macht, wo jedes menschliche Lieben längst am Ende wäre. Höhepunkt der Offenbarung der Liebe unseres GOTTES, der nicht irgendwo auf dem Olymp oder im siebten Himmel thront und mit uns Menschen üble Spielchen treibt, sondern der sich ganz eingelassen hat auf unser Schicksal, Fleisch und Blut angenommen und sich so auf eine unvorstellbar existentielle Art und Weise mit uns Menschen verbunden hat. Offenbarung einer Liebe, die nichts anderes "kann" als sich zu verströmen, Offenbarung einer maßlosen, bedingungslosen Liebe ohne Berechnung, die nicht erst durch gute Werke verdient werden braucht.
Diese "Büchse Christi" ist es, die der Welt das Leben gebracht hat, die uns zeigt, WIE sehr wir Gott am Herzen liegen, wie sehr Er sich danach sehnt, dass wir das Leben haben, das wahre, unzerstörbare Leben. Und so lädt uns der heutige Festtag ein, uns mit jeder Faser unseres Seins tränken zu lassen von Christus, der Quelle unseres Heils, dem Ursprung des Lebens.  
Sr. M. Ursula

„Am letzten Tag des Festes, dem Großen Tag,
stellte Jesus sich hin und rief:
Wer Durst hat, komme zu mir. – „

Immer ist der große Tag,
wenn wir kommen, um zu trinken
aus der Flut,
aus deiner linken
aufgerissenen Seite, Jesus!
Immer ist dann großer Tag.  –

Immer ist dein ewiger Tag,
wo du dastehst an den Stufen,
um zu deinem Fest uns her zu rufen.
Sieh, wir kommen,
weil dein Wein allein
unsern Durst nach Leben,
Jesus,              
stillen kann
(Silja Walter)

2 Kommentare:

  1. Ich finde diesen Vergleich: die ausströmende Liebe Christi und die Büchse der Pandora genial. Woher haben Sie immer diese Einfälle, Sr. Ursula. Es lohnt sich mal über diesen ihren Vergleich nachzudenken. Danke für diesen inspirierenden Gedanken.

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  2. Danke für Ihre Gedanken, Sr. Ursula. Ich denke, dass viele Menschen mit dem Gedanken, dass sie von Gott bedingungslos geliebt sind, nicht klarkommen. Sie haben immer im Kopf, dass sie Gott nicht genügen. Sie wollen durch eigene Leistungen Gott gütig stimmen. Früher hat man halt Brandopfer dargebracht,heute versuchen Menschen Gott auf eine andere Weise zu beruhigen. Aber ich glaube, dass wir all das nicht zu tun brauchen, wir können uns einfach in Gottes Liebe fallen lassen.
    Herzliche Grüße.

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