Montag, 18. Januar 2010

gesucht und gefunden

Heute morgen musste ich mal wieder über mich selbst lachen. Nachdem ich jetzt schon wieder fast ein Jahr in Deutschland lebe, wird es nun langsam aber sicher Zeit, auch meinen Schweizer Führerschein wieder in den deutschen umzutauschen. Und damit ich nicht vergesse, es auch rechtzeitig zu tun, wollte ich mich heute morgen mal an die Arbeit machen und in Erfahrung bringen, wie ich da genau vorgehen muss. Doch – oh Schreck – mein Führerschein war spurlos verschwunden. Ich suchte in meiner Schreibtischschublade, im Schrank, in meiner Jackentasche, in meinem Rucksack, fand ihn aber nicht… Ich versuchte, meine letzten Wege zu rekonstruieren, ob ich ihn vielleicht gedankenlos irgendwo hingelegt oder im Auto vergessen hätte, doch auch bei schärfstem Nachdenken tat sich keine Spur auf. Schon leicht panisch setzte ich dann die Suche in meinem (zugegebenermaßen nicht wirklich aufgeräumten) Büro fort – blieb aber trotzdem erfolglos. Das Ganze ließ mir natürlich keine Ruhe, und so ging ich ein paar Minuten später anlässlich einer zweiten Suchaktion wieder zurück in meine Zelle, machte die Schreibtischschublade auf, und was springt mir da bereits beim ersten Hinschauen ins Auge??? MEIN FÜHRERSCHEIN! Ein bißchen peinlich war es mir schon auch, aber trotzdem war die Freude und Erleichterung natürlich riesig, als ich das Teil wieder in den Händen hielt.
Schmunzeln musste ich aber vor allem auch deshalb, weil ich in dieser Woche die Morgenimpulse für unsere Gäste halte und mir dazu passenderweise das Thema „Gesucht und gefunden“ ausgewählt habe. Es geht um unsere menschliche Gottsuche und die Suche Gottes nach uns. Das ist ein Thema, was mich immer wieder beschäftigt und zum Nachdenken bringt. Rückblickend betrachtet waren es meist gerade die Momente in meinem Leben, in denen Gott mir unendlich fern oder mich gar verlassen zu haben schien, von denen ich heute nur staunend sagen kann, dass Er da ganz eindeutig seine Hand im Spiel hatte. Und oft verstehe ich es gar nicht, warum mir das nicht aufgefallen war, als ich mitten in der jeweiligen Situation steckte. Darüber kann ich manchmal genauso lachen wie gerade eben, als ich meinen Führerschein nach einigen bangen Minuten genau an der Stelle fand, wo ich ihn zuerst gesucht hatte.
Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen sind wir manchmal wie mit Blindheit geschlagen, sei es, weil wir einfach nur zu "struddelig" hinschauen, sei es, weil wir manchmal bestimmte Wahrheiten einfach nicht erkennen wollen. Mir kommt es ab und an so vor, wie wenn man eine Kamera falsch fokussiert - da wird dann das Unwesentliche messerscharf abgebildet, während das eigentliche Motiv nicht oder nur schemenhaft erkennbar ist.
Diese Suchaktion heute morgen war für mich jedenfalls mein persönlicher Montagmorgenimpuls zu etwas mehr "all-täglicher" Achtsamkeit - und ich bin jetzt schon gespannt auf weitere Entdeckungen ;o)
Sr. M. Ursula
Ich löschte das Licht, um den Schnee zu sehen. Und sah den Schnee durch das Fenster und sah den Mond. Doch dann sah ich, dass Schnee und Mond nur wieder Fenster sind, und durch dieses Fenster sahst Du mich an.
Ich machte die Augen zu, um besser zu hören. Und hörte Orgelmusik und hörte das Zwitschern der Vögel. Doch dann hörte ich, dass Musik und Vögel nur wieder Laute sind, und durch diese Laute sprachst Du mich an.
Ich stand still, um den Frühling zu riechen. Und roch die Blüten und roch die Erde. Doch dann roch ich, dass Blüten und Erde nur wieder Düfte sind, und durch diese Düfte sprachst Du mich an.
Ich setzte mich zu Tisch, um zu essen. Und aß das Brot und trank den Wein. Doch dann schmeckte ich, dass Brot und Wein noch einmal Stärkung sind, und durch Brot und Wein nährtest Du mich ganz.
Ich streckte die Hand aus, um einen Menschen zu fühlen. Und fühlte zarte Haut und fühlte weiche Haare. Doch dann fühlte ich, dass Haut und Haare noch einmal Welten sind, und durch diese Welten rührtest Du mich an.
(Ernesto Cardenal / Anton Rotzetter)

1 Kommentar:

  1. ....wenn bei Turbulenzen alle Sinne ausfallen, kann man nur noch den Autopiloten auf Himmelskurs stellen und - fürwahr - es ist bewegend, wie viele "Wegweiser" sich da auftun:-)

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