Mit dieser ersten Vesper lassen wir uns hineinnehmen in das morgige Hochfest: der Josefstag – jedes Jahr von der Kirche neu gefeiert: und Einige unter uns können auf eine hohe Zahl an Jahren schauen, seit sie zu diesem Leben, zu unserer Gemeinschaft, zu einem intensiven, innigen Leben mit GOTT JA gesagt haben.
Haben wir gewusst, was dieses Leben uns bringt? Was es uns bereithält?
Haben wir geahnt, was all die Jahre bedeuten können?
Ich meine nicht. Die meisten unter uns wussten doch wenig. Und es zeigt, dass das Leben ein immer neues Einlassen bedeutet, niemals ein Festhalten, niemals ein Wissen. Niemals ein Können.
Wir können diesen eindeutigen, entschiedenen Weg nur gehen, weil GOTT uns Tag für Tag den Weg zeigt, weil Er uns hält, weil Er uns unsagbar liebt,
und es bleibt immer der Ruf, den Abraham bereits gehört hat:
„Zieh fort, in das Land, das ich Dir zeigen werde.
Der Unfassbare, der Unmessbare lockte Abraham aus seinen vier Wänden ins Freie, ins Ferne. Und in der Wüste entdeckten beide einander. GOTT und Mensch.
GOTT und Mensch wachsen zusammen zu einer einzigen Kraft. (Martin Gutl, gekürzt)
Liebe Schwester M. Johanna,
eines weißt Du schon: dieser Weg, so verrückt und einzigartig, gesegnet und von GOTT selbst gewirkt, dieser Weg geht nicht schnurstracks in den Himmel. Er ist kein Paradies auf Erden. Er geht durch eigene innerste Erfahrungen hindurch, er geht durch Menschen hindurch, durch Orte, durch Dunkles und Helles, durch Enge und Weite, durch Widerstände und Trotz, durch Öffnung und Bereitschaft, zaghaft und doch stark,
zitternd oft und doch auch ganz entschieden.
GOTT macht keine halben Sachen: wenn er uns will, will er uns ganz, wenn er mich meint, meint er mich ganz, wenn er mich auf den Weg holt - immer ganz.
Und GANZ meint nicht perfekt, meint nicht eine abgeklärte Vollkommenheit, meint kein tadelloses Leben, sondern meint den einen Menschen, wie er ist, mit allem, was ihn ausmacht. Dieses Alles eines Menschen will GOTT, dieses Alles liebt er und will er erlösen.
Schauen wir auf diesen Mann, den wir morgen feiern. Josef. Im Konvent in Comarapa hängt ein Bild von ihm. Jung und kraftvoll. Er hebt seinen kleinen Pflegesohn, sein Kind mit beiden Armen hoch in den Himmel, ins Licht.
Die Gesichter einander zugewandt - eingetaucht in kindliche, väterliche Freude.
Eine Darstellung aus dem Leben eines Vaters, der Zeit hat für seinen Sohn,
der einen Blick hat für ihn. Auf diesem Gemälde ist er zu sehen ohne Schreinerwerkzeuge, ohne Arbeitsgeräte. Nur er und das Kind. Und die Sonne.
Kann dies nicht auch eine Botschaft sein, liebe Schwester M. Johanna, eine Botschaft für Deinen Tag der Professerneuerung?
GOTT und Mensch wachsen zusammen zu einer einzigen Kraft. Du lässt Dich selber von GOTT in sein Licht heben, in das Gute und Gesegnete, Du lässt Dich tragen in seiner Liebe, in seiner Freude an Dir. Sich tragen lassen heißt ja auch, den sicheren Boden verlassen, sich führen lassen, die Füße lösen vom festen Grund, sich selbst in die Arme GOTTES nehmen lassen. Und immer und immer wieder neu sein Angesicht suchen, seine Augen, seine Züge in der Schöpfung, im ganz alltäglichen Leben. Im Kreuz. Auch im Kreuz.
Der hl. Josef einmal ohne Werkzeuge. Auch ohne Lilie. Nur er und das Kind: in der Freude, im kindlichen Spiel. Zwecklos mit Christus sein, ohne ständig etwas zu machen, zu arbeiten, etwas regeln und ordnen zu müssen. Nur Er und Du, liebe Schwester M. Johanna.
Wir brauchen diese Zeiten im Unbeschwerten, aber auch unter Lasten. Nur Er und Du - in der Stille, um Atem zu holen für die Begegnungen, für die Aufgaben, für das Leben und Beten in Gemeinschaft.
Und Du: auch Du kannst Christus ins Licht heben, wie Josef, in den anderen, die mit Dir auf dem Weg sind. Du hast die Fähigkeit, die Schönheit GOTTES aufzustöbern, wo sich Hässlichkeit zeigt, den Frieden, wo Unstimmigkeiten die Räume des Herzens und des Hauses besetzen. Die Freude, auch an hoffnungslosen Orten. Außergewöhnlich lieben mitten im Gewöhnlichen, im alt Vertrauten. Menschen schützen, wo Steine geworfen werden, der Stimme des Herzens folgen, auch wenn Du nicht alles verstehst, wie Maria, wie der hl. Josef, der einfach tat, was ihm der Engel des Herrn befohlen hatte. (Mt 1, 24a)
Du kannst Christus schützen in Deinem Herzen:
Ein starkes Beispiel dafür ist für mich Etty Hillesum, eine jüdische Holländerin: Selbst mit dem Tod vor Augen verliert sie nicht ihre Fähigkeit, die Schönheit des Lebens zu genießen und wach zu sein für das Gute im Leben. Auch wenn dem Menschen nichts bleibt, bleibt trotz allem noch ein Stück Himmel und Raum genug, um ein Gebet zu sprechen:
"Ich will dir helfen, Gott, dass du mich nicht verlässt, aber ich kann mich von vornherein für nichts verbürgen. Es ist das einzige, auf das es ankommt: ein Stück von dir in uns selbst zu retten, Gott. Und vielleicht können wir mithelfen, dich in den gequälten Herzen der anderen Menschen auferstehen zu lassen. Und mit fast jedem Herzschlag wird mir klarer, ... dass wir dir helfen müssen und deinen Wohnsitz in unserem Inneren bis zum Letzten verteidigen müssen."
Und weiter:
„Du siehst, ich sorge gut für Dich. Ich bringe Dir nicht nur meine Tränen und ängstlichen Vermutungen dar, ich bringe Dir an diesem stürmischen Morgen sogar duftenden Jasmin. Ich werde Dir alle Blumen bringen, die ich auf meinem Weg finde, und das sind immerhin eine ganze Menge. Du solltest es so gut wie möglich bei mir haben. Um nur irgendein beliebiges Beispiel zu nennen: wenn ich in einer engen Zelle eingeschlossen wäre und eine Wolke zöge am kleinen vergitterten Fenster vorbei, dann würde ich Dir die Wolke darbringen, mein GOTT.... ich kann mich für nichts verbürgen, aber meine Absichten sind die besten, wie Du wohl merkst. Und jetzt überlasse mich diesem Tag.“
Morgen, liebe Schwester M. Johanna, überlässt Du Dich neu diesem GOTT, erneuerst Du Dein JA, wie Christus Dir und zu Dir Augenblick für Augenblick JA sagt. Du bringst ihm dar, was Dir begegnet und in Dir lebt. Und er, er bringt sich Dir.
Wir freuen uns mit Dir und wir freuen uns an Deinem Zeugnis, an Deiner Sehnsucht,
dass GOTT und Mensch mehr und mehr zu einer Kraft zusammenwachsen dürfen.
Sr. M. Scholastika
(Foto: Joanna Vortmann)
...ein sehr berührende Ansprache. Danke.
AntwortenLöschenEine schöne Ansprache. Sr. Johanna weiterhin alles gute auf Ihrem Weg
AntwortenLöschen