Donnerstag, 27. Februar 2014

Sie sind da, sie sind da - HURRA!!!

Auf den Tag genau sind es heute fünfzig Jahre her, dass die ersten unserer Schwestern nach fast genau dreimonatiger Schiffsreise in Comarapa/Bolivien angekommen sind. Da die Arenberger Dominikanerinnen wohl schon von jeher Freude am (B)Logbuch führen hatten, sind auch wir jungen Schwestern heute in der glücklichen Lage, die unglaublich spannenden und gleichzeitig lustig geschriebenen Originalberichte der damaligen Reise und Ankunft in Bolivien zu lesen, die noch etwas von dem Pioniergeist der Schwestern und dem Abenteuer ahnen lassen, das mit dieser großartigen Mission verbunden war. Und so möchten wir heute, an diesem für unsere Kongregation so besonderen Tag, auch einmal unsere Blog-Leser teilhaben lassen und veröffentlichen unten den von Sr. M. Cäcilia verfassten Ankunftsbericht. Heute und in den kommenden Tagen sind wir in Gedanken und im Gebet natürlich besonders mit unseren bolivianischen Mitschwestern verbunden, die dieses große Jubiläum gemeinsam mit unserer Generalpriorin Sr. M. Scholastika, Sr. M. Stephana und Herrn Grunau in Comarapa begehen.

Nun aber der Originalbericht von Sr. M. Cäcilia: 

„Sie sind da, sie sind da –HURRA!!! in Comarapa!!“
Ja, sie sind da, und die Tage sind zu kurz und vergehen zu schnell – und dann wird es dunkel, und dann ist Arbeit an allen Ecken, und wir fragen uns wie damals, am 27.03.1945 bei Kriegsende in Arenberg – was zuerst? Zuerst Kisten und Kasten auspacken? Zuerst Kranke betreuen? Zuerst Kindergarten einrichten? Zuerst den Wöchnerinnen helfen? Zuerst das Haus einrichten? Zuerst kochen, dass alle bei Kräften bleiben? Zuerst? Zuerst?
Ja, von den vielen „Zuerst“ erstmal zum Anfang unserer zu Ende gehenden Bolivienfahrt: Also, am Donnerstag, den 27.02. geht es los nach Comarapa!
Donnerstag, 27.02.1964: P. Gonzalo zelebriert in dem lieben, trauten Hauskapellchen schon vor 06:30 Uhr. P. Edmar mit Sr. M. Gratiana, Sr. M. Gundelinde und Elfriede fahren mit dem neuen Ambulanzwagen schon gegen 08:30 Uhr los. P. Gonzalo mit Sr. Oberin, Sr. M. Corona und Sr. M. Cäcilia starten gegen 10:00 Uhr. Die Fahrt steht unter dem Schutz der Rosenkranzkönigin. Poco a poco beten wir den Psalter laut in der Coche. Natürlich in castellano! Und hinein geht es in das Land unserer Sehnsucht, schön in seiner Vielgestaltigkeit. Wir haben nicht Augen genug, seine Wunder in uns aufzunehmen. Bei jeder Biegung ein neues Bild – ein neues Entzücken. Und weil es ja „Regenzeit“ ist, sind die Berge herrlich grün, alles prangt und zeigt sich von der schönsten Seite. „Hinter den Bergen“ ---  wie oft mussten bzw. haben wir gefragt: „Kommt es jetzt, hinter den Bergen?“ „No, no, patiencia!“ Gegen 12:30 Uhr Mittagspause auf offener Straße – con buen appetito. Neue Pflanzen gab es zu bewundern, nur war die Zeit nicht da, sie näher zu untersuchen. Schade! So eine Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder – aber: Comarapa wartet auf uns, und wir ersehnen Comarapa. Gegen 13:00 Uhr: „So, hier beginnt unsere Pfarrei!“ Wir hielten einen Augenblick, sprachen gemeinsam ein „Padre nuestro und Dios te salve Maria“, und dann ging’s weiter auf unserem Gebiet! Es sind doch einige Gefühle, die einen da befallen. Gott steht hinter allem! Vor uns die Ambulancia – und schon die erste Siedlung: Sibiria! Unsere Leute! Du lieber Gott, welche Armut, und doch welche Liebe! Hier bauen sie schon ein neues Gotteshaus, denn wenigstens einmal im Monat fährt P. Gonsalo jetzt hinauf zu denen, die kaum einen Priester gesehen. (…)
2. Station: Torrecillas
Um 15:30 Uhr kommen die Camposinos (Bewohner des Campo) mit ihren selbst gebauten Instrumenten und mit Pauken; interessant: 7-10 Bambusstöckchen in verschiedener Größe und darauf flöteten sie ihre Weisen. Reden und Begrüßung von allen Seiten – große „Abrazos“ von Männern und Frauen, Großmüttern und Kindern, Jünglingen und allem, was ringsherum war; und auch das berühmte Konfetti fehlte nicht. Freude auf allen Gesichtern (heute wissen wir schon besser, diese stille und die laute Freude zu verstehen).
Und nun zum allerletzten Start! Ein Lautsprecher gibt die Reihenfolge an, Pater Dalmatius mit Jeep fährt vorweg, damit „Comarapa die Glocken in Bewegung setzen kann“. P. Gonsalo kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. So wurde nie ein Bischof eingeholt, und selbst der Präsident des Landes hatte nie so einen Empfang. Bei jeder Wegbiegung wird die lange Reihe deutlich: Motorrad mit Melder vorweg. Radfahrerkolonne mit schneeweißen Hemden – Jeep von Samaipata – 2 Wagen (der eine mit Lautsprecher), Coche VW von Pater Gonsalo – Ambulanzwagen und 5 vollbepackte Camione. Die Indios spielen auf dem ganzen Weg von 15 km von einem Lastwagen herunter ihre Flöten. Und sie winken und schreien und rufen. Und ---- da liegt Comarapa! Dort an der Brücke, seht, steht schon viel Volk! Langsam fahren die Wagen und machen dann halt; wir steigen aus der Coche. Wieder Jubel, Böller, Schreien und Fahnenschwenken und Abrazos und Confetti und Blümensträuße (fein in große Bogen Zellophan eingedreht) und: „Bien venido y Dios se gracias y salud. (Herzlich willkommen – und Gott sei es gedankt – und seid gegrüßt). Das halbe Dorf ist in der Brücke, im Schritt, in der Menge eingekeilt, geht es los: große Aufstellung an der carretera: Schulkinder in ihren weißen Kitteln, Fähnchen in der Hand – bolivianische und deutsche Farben – und Riesentriumphbögen – wieviel Arbeit und Liebe steckt darin! Es hieß aufpassen und nach rechts und links winken und lachen und grüßen. --- Da, jetzt sind die Glocken zu hören! Alles fiebert, und der Tempel der Virgen immaculata steht vor unseren Augen. Der Hauptplatz, fein gepflastert, nimmt die Volksmenge auf – und die Madres müssen nun auf die Tribüne inmitten des Platzes. Madre Gundelinde saust mit ihrem Filmapparat herum; nun Sie werden es ja sehen! Dann kommt die offizielle Begrüßung vom Bürgermeister von Comarapa, ihm folgen feine Worte von P. Gonsalo. Sicher haben in Arenberg die Ohren geklungen, so hat er nach Gott der lb. Ehrwürdigen Mutter gedankt für die Entsendung der Schwestern. Dann Ansprache der lb. Schwester Oberin, flüssig, aus dem Herzen kommend. Dazwischen Böllerschüsse, Kinderchor, und endlich, endlich ging es hinein in den templo, um GOTT unser Te Deum zu singen. Einzug in „unsere“ Pfarrkirche! Welche Gefühle die Einzelnen beseelte, das weiß nur Gott, und das ist gut so. Auf jeden Fall haben sich die Comarapaner etwas Sinniges ausgedacht: Im Altarraum standen 6 Betschemel, darüber ausgebreitet Brautschleier, besteckt mit echten weißen Rosen. Leider ist Sr. M. Gundelinde nicht dazu gekommen, dieses schöne Bild im Foto festzuhalten. P. Canisius, im Rochett, empfing die Madres, die längst erwarteten. Ein sakramentaler Segen beschloss die kurze Andacht. Im deutschen „Großer Gott, wir loben dich“ schmetterten die Padres und Madres ihren wirklich übergroßen Dank nach oben.
Nächster Akt: Hausbesichtigung! Ja, eine Bleibe hatten wir. Das haben wir ja schon vor gut einem Jahr im Bild gesehen. Und Betten standen darin, für jede eins. Und sonst, naja: Koffer und Köfferchen und viel Leere. Wolldecken hatten wir in La Paz mitbekommen, 6 Kopfkissen mit Seegras gefüllt, 1 mal Bettwäsche hatten wir im „Handgepäck“, so konnte das Nachtlager schnell gerichtet werden. Am Abend hieß es: Schnell zum großen Abendessen beim Bürgermeister! Alle Honoratioren und Honoratiorinnen sind vertreten; bunte Reihe. Tolles Auftischen, und jeder Gang so reich, dass man mit einem genug hätte. Und dazu alles „spanisch“ – böhmisch wäre dasselbe. Es gab ein Toasten und Saluden – und endlich Schluß! Erste Nacht in Comarapa! Wer schon in der ersten Nacht „Gesellschaft“ (Flöhe) gehabt, suchte Gefangene zu machen – und war zufrieden, wenn er die Quälgeister los wurde, aber für wie lange? Fragt nicht! Madres – ein sehr beliebtes Objekt!
Einige Tage später meinte Madre Superiora: ich weiß nicht, es sieht beinahe wie Masern aus; was mag das sein? Sie beruhigte sich, als sie auch andere brazos so gekennzeichnet sah --. Also 1. Nacht in Comarapa etwas kurs, da das „cena“ länglich war und die missa um 06:20 Uhr beginnt. Nun, wir haben es geschafft und schafften es noch öfters, wenn der Tag nicht mit der Dunkelheit (die im Nu einbricht) endete, - und ein wunderschöner Sternenhimmel zu bewundern war – und für das andern Tag das Notwendigste zu überlegen ist…

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