Donnerstag, 18. Oktober 2012

Der Herbst ist da!

Seitdem ich im Kloster bin, fällt mir der Wechsel der Jahreszeiten viel stärker auf. Klar, die ersten drei Jahre habe ich ja auch in einer eher ländlichen Umgebung verbracht, da lag das ja nahe. Noch dazu hatten wir im ersten Winter in Rickenbach so lange Schnee, dass ich schon dachte, es würde nie mehr Frühling werden. Aber auch hier mitten in der Stadt fallen mir die Zeichen der Jahreszeit ganz anders auf: Wenn es morgens länger dunkel ist und ich beim Aufstehen schon Licht anmachen muss, weiß ich, dass der Sommer nicht mehr lange dauern kann. Überhaupt wird das Licht im Spätsommer anders, das ist mir in den letzten Wochen ganz besonders aufgefallen. Erst fallen die Kastanien von den Bäumen, dann färben sich die Blätter bunt, irgendwann muss man die Heizung anmachen und sich darüber Gedanken machen, was in unserem kalten Schwesternchor wärmen kann. Dann ist auf einmal der Orion zu sehen - besonders gut, weil die Linde vor meinem Fenster schon fast alle Blätter verloren hat und ich nun fast freie Sicht in den Himmel habe - und dann ist klar, dass es wirklich Herbst geworden ist, auch wenn es heute nochmal warm werden soll.
Sicher hat die Wahrnehmung der Jahreszeiten mit unserem geregelten Leben zu tun. Wenn man immer zur gleichen Zeit und ungefähr gleich früh aufsteht, fällt einem einfach früher auf, dass die Tage kürzer werden. Und wenn man immer zur gleichen Zeit in der Kapelle ist, kann man viel eher das Farbspiel, das die Sonne durch die Fenster malt, verfolgen. Und dann feiern wir die verschiedenen Feste im Kirchenjahr vielleicht auch intensiver oder anders, als ich es vorher getan habe. Außerdem feiern wir ja auch noch besondere Feste, so ist Katharina von Siena am 29.4. für uns natürlich total wichtig, da bleibt einem leichter im Gedächtnis, wie das Wetter da war und dass wir schon draußen saßen beim Kaffee.
Und vielleicht leben wir doch auch ein bisschen entschleunigter, wenn wir Stress im Kloster durchaus auch kennen und manchmal erst auf die letzte Minute ins Chor zum Gebet kommen. Aber dann sind Rosenkranz und Vesper z.B. durchaus Zeiten am Tag, an denen ich nochmal durchatmen und mich und den Tag einsammeln kann. Das ist doch etwas anderes als das Heimkommen nach einem Arbeitstag, wenn ich gar nicht mehr so richtig motiviert war und dann irgendwie den Abend vertrödelt habe. Ist ja auch schön, aber mir wird deutlich, dass unsere Lebensweise zumindest mich dazu führt, dass ich nicht nur die Jahreszeiten bewusster wahrnehme.
Das ist schön und so freue ich mich auf goldene Momente im Herbst, bunte Blätter und Herbststürme, bei denen man alles festhalten muss, was sonst wegfliegen könnte und will mich bescheinen lassen und wegfliegen lassen, was ich nicht mehr brauche, woran ich mich vielleicht unnötig klammere.
Sr. Kerstin-Marie

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