Freitag, 17. August 2012

Zeugnis geben

Letzte Woche in Ilanz setzten wir uns, Sr. M. Ursula berichtete, mit dem Thema "Verkündigung" auseinander. Dabei wurde immer wieder betont, dass es einen Unterschied zwischen Verkündigung und dem "Zeugnis geben" gibt. Verkündigung ist das Deuten des Handelns durch das Wort Gottes, Zeugnis geben wir durch unser Leben, unser Wirken, unser Dasein. Das ist oft schön, manchmal aber auch eine Herausforderung, weil wir, die wir ja eigentlich immer im Ordenskleid unterwegs sind, niemals in der Masse "abtauchen".
So hatten wir auf dem Westerwaldsteig manch gute Erfahrung, vielleicht auch dadurch angestoßen, dass ich als Schwester erkennbar war. So einer, das ist jetzt meine Behauptung, gibt man vielleicht eher mal den Schlüssel für das Gemeindeheim und Frau Moritz, die Dame, die uns in Dreifelden so unterstützte, war sichtlich angetan davon, dass wir als "fromme" Gruppe unterwegs waren.
Manchmal führt das auch dazu, dass man am Bahnsteig steht und plötzlich angesprochen wird. Am Dienstag passierte mir das gleich zweimal, in Bochum von einer Dame, die mir etwas erzählte, wovon ich gar nicht genau zuordnen konnte, was sie mir eigentlich sagen wollte und die mich zum Schluss noch herzlich am Arm packte - nun ja. Und dann in Essen von einer Dame, die auf mich zukam und fragte: "Gehören Sie vielleicht zum Vincenzhaus?" Darüber entspann sich ein ganz nettes Gespräch, auch wenn ich eigentlich in der Bahn lesen wollte...
Manchmal führt das dazu, dass wir als Schwester auf der Straße freundlich gegrüßt werden oder es gibt ein herzliches Nicken, wenn wir anderen Ordensleuten begegnen. Einmal winkten aus einem Zug heraus Schwestern ziemlich vehement, was mich total freute, es war so eine spontane und herzliche Geste.
Als wir im Mai 2010 zu einer Studienwoche in Wien waren, waren wir beliebtes Fotoobjekt bei den verschiedensten Menschen, es schien ein besonderes Souvenir zu sein, ein Bild mit Schwestern mit nach Hause zu bringen. Einerseits nett, andrerseits auch ein bisschen schrill, das ist man ja so als "Normalmensch" eigentlich nicht gewöhnt.
Manchmal erlebe ich auch, besonders hier in der Gegend, dass ich angepöbelt werde, da weiß ich nie so ganz genau, wie ich reagieren soll und wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, brüllt mir schonmal jemand hinterher, ob ich Nonne sei. Und gemeinsam mit Fußballfans am Wochenende Zug zu fahren, ist als Ordensfrau auch nur halb lustig.
Heute Mittag erzählte dann eine Mitschwester bei Tisch, dass sie mal im Straßenverkehr darauf aufmerksam gemacht worden sei, welche Vorbildfunktion sie doch habe. Ähnliches erlebte ich am Dienstag im Zug, als ich mit dem Laptop arbeitete und ein anderer Fahrgast dachte, ich würde die ganze Zeit chatten. Dass noch nicht mal so jemand wie ich das sein lassen könne...
Das sind interessante Erfahrungen, meistens nett, oft durchkreuzen sie meine eigentlichen Pläne, holen mich aus meinen Gedanken heraus und lassen mich aufmerksam werden für die Welt. Aber klar ist, dass wir allein mit unserem Auftreten schon Zeugnis geben und da ist ja klar, dass ich gerne einen guten Eindruck hinterlasse bei denen, denen ich unterwegs begegne. Denn wie heißt es im 1 Petrusbrief: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt."
Sr. Kerstin-Marie

3 Kommentare:

  1. Allein durch Ihr "outfit" geben Sie in der Öffentlichkeit Zeugnis von Ihrem Glauben, das ist ganz klar so zu sehen. Aber auch Laien können das tun. Es ist oft z.B.ein Zeugnis, wenn man mitten in der City aus der Kirche kommt und Bekannte trifft, die mit Kirche wenig oder gar nichts zu tun haben. Den dann fälligen Kommentaren zu begegnen und auch auf Dauer standzuhalten, kostet zuweilen echten Mut und Selbstbewußtsein. Zeugnis geben kann ich auch durch einen Satz, z.B. "ich gehe regelmäßig zum Gottesdienst". So einen Satz z.B. auf der Arbeit rauszuhauen, ist schon ein deutliches Glaubenszeugnis. Es lässt einen in den Augen der Kollegen als ziemlich suspekt erscheinen. Ich sage immer: Mutige voran.
    Eine große Hilfe ist es, wenn man gleichgesinnte Menschen um sich hat und die finden sich auch in der heutigen Zeit immer noch reichlich.

    Herzliche Grüße an alle Zeugen und Zeuginnen!!!!!

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  2. Oft sind die Leute erstaunt, dass du auch nach 4 Jahren im Orden immernoch "normal" geblieben bist.
    FM

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  3. Ich finde es schön wenn Leute offen Zeigen an wenn Sie glauben wo sie dazu gehören.

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