Vielleicht mag es den beiden Johannes-Jüngern, von denen wir heute im Evangelium hören, ähnlich ergangen sein, nachdem ihr Meister sie mit den Worten „Seht, das Lamm Gottes“ auf Jesus gestupst hatte. Sie folgen Ihm erst einmal blind nach, weil sie ahnen, dass in Ihm die „Substanz“ sein könnte, nach der sie suchen. Von Jesus gefragt, was sie denn suchen, stellen sie zunächst eine – wie ich finde - ziemlich diffuse Gegenfrage „Meister, wo wohnst du?“ Sie folgen der Einladung Jesu „Kommt und seht!“, gehen mit Ihm, und bleiben bei Ihm. Äußerlich betrachtet eigentlich ein – im wahrsten Sinne des Wortes – ziemlich unspektakuläres Ereignis. Und doch geschah in diesem Zusammensein mit Jesus ganz offensichtlich Wesentliches, denn noch Jahrzehnte später kann der Evangelist Johannes sagen: „es war um die zehnte Stunde“ (nach unserer heutigen Zeitrechnung also gegen 16 Uhr). Noch Jahrzehnte später konnte er sich also an die genaue Stunde erinnern! Was auch immer damals geschah - diese zehnte Stunde, sie war für die beiden Jünger mit Sicherheit der Kristallisationkeim, der sie in diesem Menschen Jesus den göttlichen Kern erkennen ließ, denn nach der Begegnung kann Andreas seinem Bruder Simon in größter Klarheit bezeugen: Wir haben den Messias gefunden.
Diese Berufungsgeschichte der ersten Jünger zeigt auf wunderbar anschauliche Weise den Weg, auf dem bis heute Menschen zu Christus gelangen und in Ihm den verheißenen Messias entdecken. Am Anfang steht da eine oft diffuse Suche nach „mehr“, eine Ahnung, eine Sehnsucht, die dazu bringt, aufzubrechen und Ihm zu folgen. Immer wieder hören auch heute noch zahllose Menschen die Einladung Jesu „Kommt und seht!“ Und es gibt sie immer noch, diese Kristallisationspunkte, diese „zehnte Stunde“, in der ihnen plötzlich eine Einsicht, eine Klarheit geschenkt wird, die sie sich selbst in ihren kühnsten Träumen nicht ausmalen könnten.
In der Weihnachtszeit feiern wir die Menschwerdung Gottes - überspitzt könnte man auch sagen: die Kristallisation seines Wesens im Kind in der Krippe. Ich finde, gerade diese Tage laden ein, wieder einmal auf die Suche zu gehen nach den "Kristallisationskeimen" in unserem eigenen Leben, uns an die heilsamen Stunden zu erinnern, in denen wir etwas Wesentliches erkennen durften, um dann auch unseren Mitmenschen mit neu entfachter Begeisterung bezeugen zu können: Wir haben den Messias gefunden!
In der Weihnachtszeit feiern wir die Menschwerdung Gottes - überspitzt könnte man auch sagen: die Kristallisation seines Wesens im Kind in der Krippe. Ich finde, gerade diese Tage laden ein, wieder einmal auf die Suche zu gehen nach den "Kristallisationskeimen" in unserem eigenen Leben, uns an die heilsamen Stunden zu erinnern, in denen wir etwas Wesentliches erkennen durften, um dann auch unseren Mitmenschen mit neu entfachter Begeisterung bezeugen zu können: Wir haben den Messias gefunden!
Sr. M. Ursula
Am Tag darauf stand Johannes wieder dort, und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus). Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus).
(Joh 1, 35-42)
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