Mittwoch, 14. November 2012

Tischlesung

Unsere Mahlzeiten sind nicht einfach nur die Gelegenheit, Nahrung aufzunehmen, sie sollen uns auch geistig nähren und sind immer als Agape zu verstehen, weswegen es nicht beliebig ist, ob man jetzt zu Tisch geht oder nicht. So haben wir einmal am Tag die Gelegenheit, beim Essen miteinander zu sprechen, zu den anderen beiden Mahlzeiten schweigen wir und hören eine Tischlesung.
Hier in Oberhausen haben wir jeden Abend unsere Tischlesung, in unserem Konvent in Rickenbach ist das am Mittag der Fall und im Mutterhaus abwechselnd mittags oder abends. Morgens gibt es dann einen Abschnitt aus dem Evangelium oder einen anderen spirituellen Text.
Der Text am Abend ist nicht näherhin bestimmt, natürlich ist klar, dass sich ein Krimi nicht anbietet, ebensowenig wie Science fiction oder ähnliches. Ansonsten aber ist die Auswahl nicht eingeschränkt, vielleicht abgesehen davon, dass die Literatur so ausgewählt sein sollte, dass niemandem der Appetit vergeht. So ist es dann doch nicht immer ganz einfach, das für alle passende Buch zu finden, das während der Mahlzeit von einer Schwester vorgelesen werden kann. Sehr oft sind es dann Biographien oder Berichte über etwas, das passiert ist. So haben wir wohl in fast allen Konventen das Buch "Urbi et Gorbi" gelesen, das von der großartigen Osteuropahilfe zu Zeiten der Wende erzählt oder das Buch "Der Klang", in dem Martin Schleske Glaube und Theologie mit dem Geigenbau vergleicht. Manchmal haben wir auch schon Bücher gelesen, bei denen ich froh war, wenn sie vorbei waren, weil sie so unattraktiv waren und bei manchen Büchern kommt es verschiedentlich zu Schmunzelattacken, wenn ein Fremdwort permanent falsch ausgesprochen wird oder die Leserin einfach an einem bestimmten Wort hängen bleibt.
Hier in Oberhausen haben wir nun damit begonnen, die Legenda Minor der Katharina von Siena zu lesen. Als Schwestern der hl. Katharina von Siena liegt das ja eigentlich nahe und ich freue mich gerade außerordentlich, dass ich Tischleserin sein darf. So merke ich, dass ich selber von dem Buch so gefesselt bin, dass ich gar nicht so richtig mitbekomme, wie weit die Schwestern mit der Mahlzeit sind und bin eigentlich traurig, wenn das Abendessen schon vorbei ist und wir bis zum nächsten Tag pausieren müssen. Und das, obwohl ich nun nicht mehr so völlig unbedarft bin, wenn es um Katharina geht. Aber ich finde, dass sie eine so fesselnde und besondere Persönlichkeit ist, dass ich am liebsten alles über jede Minute ihres Lebens wüßte. Und auch wenn manches vielleicht für uns heute ein bisschen unverständlich oder nur schwer nachvollziehbar ist, so ist Katharina von Siena für mich doch eine Person, die mir sehr viel sagen kann über das Leben in der Nachfolge Jesu und in diesem Sinne wirklich eine Mitschwester ist. Da finde ich es fast bedauerlich, dass ich die nächsten beiden Wochen nicht da sein werde und also einiges verpassen werde - nur gut, dass das Buch mir selber gehört, so kann ich alles noch unendlich oft nachlesen oder in 15 Jahren erneut zur Tischlesung vorschlagen.
Sr. Kerstin-Marie

1 Kommentar:

  1. Ich hätte da eine Frage dazu. Wann können Sie den Selbst Essen wenn Sie Tischleserin sind und während des Mahls lesen.

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