"Nun ja, Leben in Armut ist ja wohl was
anderes…" - immer wieder bekommen wir Kommentare dieser Art von Gästen und
Ordensinteressierten zu hören, die sich eine Zeit zu uns ins Kloster zurück
ziehen. Und sie haben ja auch Recht, denn die Bilder, die einem kommen, wenn
man an Armut denkt, sind eher inkompatibel mit warmem Bett und Nasszelle im
Zimmer, großem Garten vor der Tür und einem reich gedeckten Tisch. Heißt das
also, dass wir mit diesem Gelübde nicht so ernst machen, oder was?
Ich gebe zu,
dass mich Anfragen dieser Art traurig machen. Einfach, weil ich spüre, wie
schade es ist, wenn gerade das Gelübde der Armut nur auf das oberflächlich Materielle
reduziert wird. Natürlich beinhaltet unsere freiwillig gewählte Armut auch eine
materielle Facette, und jede Schwester hat sich immer wieder neu zu fragen,
inwieweit ihr persönlicher Lebensstil noch stimmig ist. Regeln, was eine
Schwester besitzen "darf" und was nicht, gibt es bei uns im Kloster
nämlich nicht. Während manche unserer Schwestern ihr ganzes Hab und Gut locker
in zwei Köfferchen unterbringen können, zählen andere zu den Jägern und
Sammlern und kriegen bei ihrer Versetzung mit ihren persönlichen Dingen einen
ganzen Kombi voll. Das ist unsere Wirklichkeit, aber bei alledem wird mir immer
wieder deutlich, dass die Menge unseres Besitzes überhaupt keine Aussage
darüber erlaubt, ob ein Mensch wirklich arm lebt oder nicht. So erkannte schon
der Heilige Franz von Sales:
„Es ist doch ein Unterschied, ob man das Gift
besitzt oder vergiftet ist. Die Apotheker halten fast alle Gifte, um sie nach
Bedarf zu verwenden; sie sind aber deswegen nicht vergiftet, denn sie haben das
Gift nicht in ihrem Leib, sondern im Laden. So kannst auch du Reichtümer
besitzen, ohne von ihnen vergiftet zu sein, dann nämlich, wenn du sie im Haus, auf
der Bank, nicht aber in deinem Herzen hast.“
Ich finde, hier hat der große Menschenkenner die Sache
mal wieder auf den Punkt gebracht. Ich kenne nicht wenige Menschen, die
materiell zu den wirklich Reichen zählen, die aber im Herzen ganz einfach
geblieben sind und vor allem nicht besessen vom Besitzen. Und umgekehrt gibt es
auch solche, die zwar materiell ganz arm leben, aber innerlich komplett
verstockt sind und vielleicht nicht an ihrem Besitz kleben, dafür aber beispielsweise an ihrem Gottes- und Menschenbild, welches sie um keinen Preis in Frage stellen lassen. Es hört sich verrückt an, aber selbst die
Armut kann manchmal zum Besitz werden, wenn es mich beispielsweise unheimlich stolz
macht, mit wie wenig ich doch auskomme…
Für mich persönlich bedeutet Leben in Armut, existentiell
zu bejahen, dass wir alles, was in unserem Leben wirklich wichtig ist, nicht
"machen" können - weder Liebe, noch gelingende Beziehungen, noch
unsere Talente und Begabungen - über die wesentlichen Dinge unseres Lebens
(angefangen von unserer Geburt) können wir nicht frei verfügen. Das alles
"müssen" wir uns schenken lassen, und daher hat Armut für mich auch
eine ganze Menge damit zu tun, das was ist - auch und besonders meine ureigene Lebens-Wirklichkeit
- anzunehmen. Achtsam zu werden für das, was mir das Leben bereithält, aber
auch hier und da auch mal einen gefühlten oder tatsächlichen Mangel
auszuhalten, ohne die Leere gleich zustopfen zu wollen… Und mit dem Gegebenen
umzugehen, auch wenn es manchmal nur ganz wenig zu sein scheint. Ich sehe in
der Armut keinen asketischen Hochleistungssport mit dem Ziel, zur völligen
Bedürfnislosigkeit zu gelangen, sondern vielmehr die Anregung, meine
Bedürftigkeit wahrzunehmen und meine Bedürfnisse auf eine gesunde,
verantwortliche Art und Weise zu gestalten. Nichts in meinem Leben ist
selbstverständlich, weder, dass ich überhaupt bin, noch dass ich gesund bin,
geschweige denn, dass ich ein Dach über dem Kopf habe. Im Wissen um meine eigenen
Sehnsüchte werde ich wie von selbst sensibel für all die Menschen um mich herum
und in der weiten Welt, die den gleichen Hunger nach Leben in sich tragen und denen
nicht selten das Notwendigste zum Leben fehlt.
Sr. M. Ursula
Ich habe ihren Text sehr aufmerksam gelesen und mir hat die Anmerkung gefallen, dass auch Armut ein Besitz sein kann, wenn man stolz darauf ist, mit wie wenig man auskommt. Da stimme ich voll zu. Mit der Armut ist es halt so eine Sache.... es ist irgendwie eine Gradwanderung. Sie muss mit einem liebenden und offenen Herzen gelebt werden.
AntwortenLöschenWenn manche Menschen den Besitz und die Lebensumstände der Schwestern kritisieren, dann höre ich einen gewissen Neid heraus. Vielleicht sind die Kritiker selbst vom Leben enttäuscht. Die "ritiker", die nach Arenberg fahren, sollten für sich mal bedenken, dass sie auch nicht zu den armen Christen gehören. Wenn sie für andere materielle Armut fordern, könnten sie es doch auch selbst leben. Z.B. eine Nacht weniger in Arenberg bleiben und dafür das gesparte Geld für bedürftige Menschen spenden, damit auch andere einmal nach Arenberg kommen können.
Dazu muss ich auch etwas schreiben. Für mich bedeutet Armut nicht die materielle Armut,es ist etwas anderes gemeint. Für mich ist jemand "arm", der von sich selbst absieht, sich nicht ständig in den Mittelpunkt drängt, der nicht ständig um sich selbst kreist, sondern stattdessen andere in den Blick nimmt. Arm ist jemand, der es schafft, sich selbst loszulassen, der die Verbindung mit anderen sucht. Arm bedeutet für mich Selbstrücknahme und die Suche nach Gott.
AntwortenLöschenKein Armer, einer, der unter dem Existenzminimum lebt (und davon gibt es tatsächlich nicht wenige) wird sich jemals einen Aufenthalt in Arenberg oder sonstwo gönnen können, wenn es auch noch so preiswert sein soll.
AntwortenLöschenSie gehen schon zur Tafel und Kleiderkammer. Arm leben im Sinne von nicht an materiellen Gütern hängen ist etwas ganz anders. Das kann wirklich beglückend sein.
Liebe Grüße an all die reichen Armen.
Aussage A ist schlichtweg nicht wahr (http://www.kloster-arenberg.de/hilfe.html) - Aussage B dagegen kann ich voll und ganz unterschreiben ;-)
AntwortenLöschendas ist der Irrtum: aussage A stimmt leider doch. Für den, der nichts hat geht es einfach nicht. Anfahrt, Kleidung etc.? Z B: Was ist, wenn ich genug habe und mir vieles leisten kann, verzichten soll (muss), Sicherheit genommen wird, kann ich dann loslassen? Mutter Teresa sagt: Teilen fängt erst dann an, wenn ich von dem gebe, was ich selber brauche. Seitdem frage ich mich immer wieder: Wann fängt mein teilen an. Wieviel muss ich lassen, bis es wirklich soweit ist.Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, ich habe dann eben etwas nicht, ist nicht immer schön, aber richtig schlimm ist es nicht. PS Ich habe selbst nicht viel, es reicht für ein bescheidenes
AntwortenLöschenLeben. Bin zufrieden.