Freitag, 19. Februar 2010

Wüstenzeit

Erfüllt vom Hl. Geist verließ Jesus die Jordangegend
… in diese Bewegung werden wir am 1. Fastensonntag durch das Evangelium hineingenommen.
Erfüllt vom Geist GOTTES, von Seinem Lebensatem, ohne den nichts gelingt, wie wir in der Pfingstsequenz beten, dürfen wir in die kommenden vierzig Tage der österlichen Bußzeit eintreten.
Der Heilige Geist weckt uns auf, führt uns heraus aus all dem, was uns hindert, uns Christus und Seiner erlösenden Kraft zu öffnen.
Diese Wüste, in der Jesus vom Hl. Geist selbst umgetrieben wird, ist nicht eine gottlose Gegend. Keineswegs. Sie war zu Seiner Zeit und für die ersten Frauen und Männer, die sich der Gottsuche in der Abgeschiedenheit dieser öden Landstriche aussetzten, der Ort der besonderen Gottesnähe.
Christus führt uns immer wieder in einen Exodus, in einen Auszug aus dem Gewohnten und Ver­trauten, weg von dem, was besetzt und die wachen Sinne raubt im Vielerlei des Alltags. Weg von dem, was Kopf und Herz verengt, was GOTT und Mensch klein hält und uns selbst einsperrt in unsere oft so unfreie Welt. Weggang, um einzuziehen ins Leben, in die uns längst schon geschenkte liebende Gottesnähe.
Fastenzeit als Wüstenzeit - die wünsche ich uns: Die Wüste war immer schon ein Bild für einen Lebensstil, der frei ist und frei machen will von der Ablenkung, vom Zustopfen, vom Absichern und Schützen.
Die ersten Mönche suchten GOTT in der ägyptischen Wüste. Sie riskierten sich, ließen sich ein auf das Ungeschützte, die Leere, auf eine tiefe innere Auseinandersetzung, die nicht selten einen Abstieg in die tiefsten Tiefen des eigenen Selbst bedeutete, um zu finden, wonach sie letztlich hungerten und mit ganzer Kraft verlangten: das volle Leben, das Heil, GOTT selbst.
Als dann das Mönchtum im Abendland Boden fand, war es ein drängendes Anliegen dieser Frauen und Männer, die Wüste mitzubringen in die Städte, in die Höhen und Täler fruchtbarer, oft auch wilden Landesstriche: wesentlich wurde die Wüste der Klausur und der Zelle. Hier bleibt der Mönch, bleibt die Nonne bei sich – ohne Ablenkung. Hier ist der Ort des Rückzugs, der Läuterung, des Kraftschöpfens. Die Stille, das Schweigen haben buchstäblich das Sagen; laut werden können die inneren Stimmungen, das, was im Innersten wohnt an Freude, an Glück, an Hoffnung und Sehnsucht, aber auch an Friedlosem, Unversöhntem, Unerlöstem. Laut werden kann die leise, unaufdringliche Stimme GOTTES.
Die Zelle kann ein Bild unseres eigenen Herzens sein: in der Fastenzeit bei mir selbst, in meinem Innern zu Hause bleiben, mich hören: meine Kräfte, meine Grenzen, das Helle, das Dunkle. Mit der Zelle in mir, die uns die hl. Katharina von Siena lehrt, wach in der Gegenwart GOTTES, öffnet sich die Klausur dann hinein in die Welt, die ich betrete: „Gehen in der Stille, arbeiten in der Stille, warten in der Stille - am Bus, beim Arzt, im Lärm des Verkehrs.“
Ein Mystiker unserer Tage gibt die Weisung:
„Wie kommen wir hinter den Lärm unserer Sinne,
unserer Ge­danken und Gefühle?
Wir müssen wohl lernen, nur zu schauen,
nur zu hören, ohne zu werten und zu urteilen.
Nur da zu sein, spüren und lauschen.
Ich probiere es öfters untertags, im­mer wieder
einmal fünf Minuten lang. -
Einzusehen, dass wir nichts machen können,
dass sich die Dinge ereignen, wenn wir ruhig werden,
dass wir Einfälle haben, wenn wir leer sind.
Nur dann kann ja etwas „einfallen".
Nur auf die Stille achten, die Stille hören.
Bis wir in der Stille arbeiten können, sprechen können,
bis die Ruhe der Hintergrund geworden ist,
auf dem sich alles zeigt.“

Still werden dürfen, ins Schweigen kommen als Bereitung auf das Hören des Wortes GOTTES in der Liturgie, auf das Geschehen in der Eucharistie, damit beides, Wort und Sakrament, Wegweisung im ganz Alltäglichen werden kann.
Still werden, ins Schweigen kommen, um meine Mitmenschen zu hören, um mich einzuüben in einen „verstehenden, offenen, behutsamen und hoffenden Dialog“.
Still werden, ins Schweigen kommen, um unsere Welt mit ihren Nöten in den Leerraum, in den Gottesraum des eigenen Herzen zu nehmen, damit auch durch mich die Erde heiler werden kann.

Von Herzen wünsche und erbitte ich uns, erfüllt vom Heiligen Geist diesen Exodus GOTTES, dieses Hinausgeführtwerden aus dem, was wir kennen, was uns längst vertraut ist, auch das Hinausgeführtwerden aus unseren Denkmustern. Mögen wir uns DEM öffnen, der uns sucht, der auf uns wartet und uns reich beschenken will mit Seiner Nähe und Seiner erlösenden Kraft: CHRISTUS.
Er ist es, der uns ins österliche Leben führt, aus der Enge in die Weite, wie wir es im Psalm 4 beten: „Da mir eng war, hast Du mir’s weit gemacht.“ (Übersetzung v. Bernhard Welte)
Ihnen eine reiche Zeit des Friedens und der Liebe,einen hellen Weg in die österliche Freiheit
Sr. M. Scholastika

1 Kommentar:

  1. Still sein - schweigen - hören

    Es ist so wichtig, kann so einfach sein, und ist doch so schwer ...

    vielen Dank

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